
Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung
,Im Interview mit der Mitteldeutsche Zeitung stellen unsere Landesvorsitzenden Thomas Schulze und John Lucas Dittrich klar, warum die Frage von Krieg und Frieden weiterhin oberste Priorität hat und das BSW in Sachsen-Anhalt für ein „Weiter-so“ nicht zur Verfügung steht.
Herr Dittrich, Herr Schulze, das BSW hat in Sachsen-Anhalt 47 Mitglieder und nimmt auch kaum neue auf. Die anderen Parteien wollen eine möglichst breite Basis – funktioniert das BSW anders?
John Lucas Dittrich: Langfristig wollen wir größer werden. Aber das ist ein steiniger Weg. In Sachsen-Anhalt haben etwa 500 Menschen einen Mitgliedsantrag beim BSW gestellt, wir haben über 1.000 Unterstützer. Das freut uns sehr. Wir haben aber von Anfang an gesagt, dass wir langsam und kontrolliert wachsen wollen. Bei der AfD haben wir ja gesehen, wohin es führt, wenn eine Partei alle möglichen Leute aufnimmt und sich selbst radikalisiert.
In Sachsen haben Ihre Parteifreunde Koalitionsverhandlungen abgebrochen. Will das BSW überhaupt regieren?
Thomas Schulze: Wir wollen spürbar für die Menschen etwas verändern und das geht natürlich einfacher aus einer Regierung he- raus. Eine Partei muss aber auch glaubwürdig sein und zu ihren Kernthemen stehen.
Also keine Kompromisse?
Schulze: Kompromisse schon, aber es darf nicht sein, dass Kernthemen aufgeweicht werden. Die Wähler haben uns ja für eine bestimmte Aufgabe gewählt.
Dittrich: In Brandenburg zeigen wir, dass es geht. Dort haben wir Kernpunkte von uns durchbekommen, wie beispielsweise die Erhaltung aller Krankenhausstandorte. In Sachsen gab es Dissens in der Frage von Krieg und Frieden, aber auch zu landespolitischen Themen. Die anderen Parteien müssen verstehen, dass wir nicht für ein „Weiter so“ zur Verfügung stehen.
Das BSW will die Forderung nach mehr Diplomatie in Koalitionsverträge schreiben. Wurde schon mal ein Krieg auf der Welt durch eine deutsche Landesregierung beendet?
Dittrich: Auch wenn natürlich nicht aus einer Landesregierung heraus der Ukraine-Krieg beendet wird, kann sie sehr wohl Initiativen auf Bundesebene ergreifen und Druck machen für einen Kurswechsel in der Außenpolitik. Es ist uns wichtig, den ostdeutschen Mehrheitswillen in dieser Frage widerzuspiegeln. Dazu zählt die Einstellung von Waffenlieferungen und ein Nein zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen, die von drei Viertel der Ostdeutschen abgelehnt wird. Im Übrigen ist es völlig normal, sich zur Außenpolitik zu äußern. Auch Ministerpräsident Haseloff äußert sich ja zu außenpolitischen Themen und verlangt von den Bürgern Sachsen-Anhalts, seinen Ukraine-Kurs mitzutragen. In der Merz-CDU heißt das nichts anderes als noch mehr Waffenlieferungen in diesen Krieg, inklusive Taurus-Raketen.
Bei Sahra Wagenknecht hört man viel scharfe Kritik an den USA, aber wenig am Kriegs- herrn Putin. Sind Sie eine antiamerikanische Partei?
Schulze: Wir sagen, dass Russland diesen Krieg angefangen hat. Aber es sterben auf beiden Seiten Menschen, und ich kann nicht sagen, der eine ist ein schlechterer Mensch. Das Sterben muss aufhören, das steht für mich im Vordergrund.
Dittrich: Die USA hätten längst Russland ein Angebot gemacht, wenn sie an einem Frieden interessiert wären. Sie haben aber ein starkes Interesse, dass dieser Krieg weiterläuft, weil es ihnen wirtschaftlich und geopolitisch nutzt. Wir kritisieren, dass Deutschland sich den USA unterordnet und sei- ne eigenen wirtschaftlichen Inter- essen missachtet.
Worin soll das Interesse der USA an einem Krieg in Europa bestehen?
Dittrich: Die USA wollen Europa militärisch immer stärker an sich binden. Wir lassen uns amerikanische Mittelstreckenwaffen vor die Haustür stellen, über die dann Donald Trump entscheidet. Da wird amerikanische Politik auf deutschem Boden gemacht. Die USA waren auch immer gegen Nord Stream. Die Pipeline ist dann auf wundersame Weise in die Luft geflogen und wir kaufen nun schmutziges Fracking-Gas aus den USA.
Laut Umfrage kommt das BSW in Sachsen-Anhalt auf 16 Prozent, die Linke auf drei. Herr Dittrich, tut es Ihnen leid um Ihre frühere politische Heimat?
Dittrich: Nein. Parteien, die nicht gebraucht werden, werden auch nicht gewählt.
Die Linke konnte in Sachsen-An- halt nie regieren. Sie sehen da- rin einen Grund für ihren Niedergang?
Dittrich: Die Linke tolerierte die Regierung unter Höppner und verwässerte dabei ihre Inhalte. Aber auch als Oppositionspartei war sie nicht erkennbar. Sie hat sich extrem akademisiert und auf großstädtische Milieus konzentriert. Das mag im Zentrum von Halle und in Magdeburg-Stadtfeld bei einigen noch gut ankommen, hat aber darüber hinaus keine Resonanz. Eine Grüne 2.0, wie sie die Linke geworden ist, braucht niemand.
Sie brauchen jetzt schnell Kandidaten für die Neuwahl des Bundestags. Wer soll Ihre Liste anführen?
Dittrich: Das machen wir jetzt noch nicht publik. Aber es wird eine Person sein, die in Deutschland bekannt ist und in Sachsen- Anhalt ziehen wird.
In Sachsen hat das BSW dem AfD-Antrag für einen Corona- Untersuchungsausschuss zugestimmt. So etwas wie eine Brandmauer zu Rechtsextremisten gibt es bei Ihnen nicht?
Schulze: Wir haben den Wählern eine strikte Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen versprochen. Wenn die AfD Dinge beantragt, die wir genauso fordern, werden wir das nicht ablehnen.
Sie würden also auch in Sachsen-Anhalt für AfD-Anträge stimmen?
Dittrich: Wenn von der AfD ein vernünftiger Antrag kommt – warum soll ich da nicht zustimmen? Und wenn wir einen Antrag einbringen und die AfD zustimmt, dann ist mir das recht egal. Das heißt nicht, dass wir mit der AfD eine Koalition anstreben. Es geht um inhaltliche Sachfragen.